Kreuzbandriss Teil 2 – Diagnose Kreuzbandriss, was nun?

16. April 2021
Autor:innen
Autor:in
Jonas Roesler
Facharzt für Radiologie
Experte für den Bewegungsapparat
Inhaltsverzeichnis
Im ersten Teil unseres Blogposts zum Kreuzbandriss haben wir uns damit beschäftigt, wie es zu einem Kreuzbandriss kommen kann und wie die Magnetresonaztomographie (MRI) dabei helfen kann diesen zu diagnostizieren. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit möglichen Therapien und damit, wie ein MRI in der Nachsorge helfen kann eine optimale Heilung zu unterstützen.

Einleitung - Therapie eines Kreuzbandrisses

Ein Kreuzbandriss, egal ob des vorderen oder des hinteren Kreuzbandes bedeutet nicht automatisch, dass eine Operation notwendig sein muss. Die Entscheidung, ob eine konservative Therapie, also ohne Operation, oder eine operative Therapie notwendig ist, muss für jeden Fall individuell entschieden werden. Hierbei spielen verschiedene Fragen eine wichtige Rolle:

  • wie lange ist die Verletzung her?
  • wie ist das Kreuzband gerissen?
    • gibt es ausgerichtete Restfasern?
    • ist die Hülle um die Bänder intakt (der Synovialschlauch)?
    • ist ein Stumpf in die Gelenkfläche eingeschlagen und führt zu Blockaden?
  • ist eine Begleitverletzung aufgetreten, welche operiert werden sollte? (zum Beispiel: ein eingeschlagener Meniskusriss)
  • wie aktiv bin ich – welchen Belastungen ist mein Knie im Alltag oder der Freizeit ausgesetzt?
    • habe ich eine erhöhte Belastung des Kniegelenkes bei der Arbeit?
    • betreibe ich Risikosportarten?
  • besteht das Gefühl einer Instabilität?
  • habe ich gesundheitliche Einschränkungen, welche zu einem erhöhten Operationsrisiko führen?

Egal ob man sich für eine konservative oder eine operative Therapie entscheidet, ist es in jedem Fall sinnvoll Physiotherapie zu betreiben. Nach einer initialen Phase mit unterstützenden Massnahmen zur Heilung der akuten Verletzung geht es hier im weiteren Verlauf darum, die Muskulatur, um das Kniegelenk zu stärken und hierdurch die Stabilität zu erhöhen.

Konservative Therapie

Häufig wird für eine konservative Therapie eine Orthese verwendet. Orthesen sind medizinische Schienen, welche zur Entlastung, Fixierung, Stabilisierung, und zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit eingesetzt werden können. Bei der Wahl der richtigen Orthese spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Es ist also nicht möglich die nächstbeste Kniebandage, zum Beispiel von der Freundin (wir nutzen in diesem Blog das Weibliche Geschlecht als Platzhalter für alle Geschlechtervarianten), zu nehmen und dann wird es schon gut heilen. Eine Orthese für eine Verletzung des hinteren Kreuzbandes muss ganz andere Bewegungen verhindern und leiten als eine für eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes. Gerade das hintere Kreuzband lässt sich übrigens häufig sehr gut über eine konservative Therapie behandeln.

Auch der Einsatzzweck bedingt unterschiedliche Anpassungen der Orthese. So gibt es Modelle, die dazu geeignet sind, Sport zu treiben und für viele weitere Anwendungen.

Ein weiterer wichtiger Punkt der konservativen Therapie ist die Entlastung. Hierfür werden der Patientin Gehstützen beziehungsweise Gehstöcke mitgegeben. Diese sollten zumindest bis zur Schmerzfreiheit verwendet werden. Je nach Alter, Geschlecht und Risiko muss in dieser Zeit eine Thromboseprophylaxe durchgeführt werden.

Bei der Physiotherapie geht es initial vor allem um abschwellende Massnahmen und eventuell das Training des sicheren Laufens an den Gehstützen. Im Verlauf rücken mehr und mehr die Muskelkräftigung und das Wiedererlangen der Stabilität im Kniegelenk in den Fokus.

Nach erfolgreicher konservativer Therapie ist auch eine Rückkehr in den Spitzensport möglich, auch wenn Profis nach einem Kreuzbandriss häufig operiert werden.

In einigen Fällen bilden sich bei Patientinnen sogenannte Regenerat-Kreuzbänder. Diese sind dem ursprünglichen Kreuzband in Funktion und Bildgebung sehr ähnlich. Bei anderen Patientinnen werden die Stümpfe vom Körper abgebaut und es bleibt eine Lücke zurück. Auch diese Patientinnen können beschwerdefrei sein.

MRI-Bilder nach einer konservativen Therapie

Operative Therapie eines Kreuzbandrisses

Ist die Entscheidung gefallen eine Operation des Kreuzbandes durchzuführen gibt es auch hier mehrere Varianten:

Kreuzbandplastik

Bei den meisten Operationen eines Kreuzbandrisses wird eine Kreuzbandplastik implantiert.

Die aktuell gängigste Methode ist, ein oder zwei Muskelsehnen an der Innenseite des Schienbeinkopfes zu entnehmen. Diese werden mit einer speziellen Technik miteinander vernäht. Dies führt zur sogenannte Kreuzbandplastik, welche dann über eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) und Bohrkanäle in Schienbein und Oberschenkelknochen an die richtige Position eingefügt wird.

Eine andere Variante ist die Entnahme des mittleren Drittels der Patellasehne inklusive ihrer knöchernen Verankerung in Kniescheibe und Schienbein. Diese so gewonnene Sehne wird wie oben beschrieben als Kreuzbandplastik in der richtigen Position eingesetzt.

Im Rahmen der Arthroskopie können auch die weiteren Verletzungen an Meniskus, Knorpel oder ähnlichem behandelt werden.

Rekonstruktion nach einem Kreuzbandriss

Kreuzbänder können unter bestimmten Bedingungen auch von alleine heilen. Dabei gibt es unterschiedliche Methoden den Selbstheilungsprozess zu unterstützen. Bei einer Methode wird zum Beispiel ein Leitfaden entlang des Verlaufes des vorderen Kreuzbandes eingezogen. Dieser soll zum einen als eine Leitstruktur bei der Heilung dienen und zum anderen eine gewissen Stützfunktion geben.

Im Anschluss an die Operation gelten bezüglich Entlastung mit Gehstöcken und Physiotherapie ähnliche Vorgaben wie ohne Operation bei der konservativen Therapie. Initial gilt es den akuten Reiz durch die Verletzung und anschliessende Operation zu nehmen. Im Verlauf sollen wieder Stabilität und Muskelkräftigung erzielt werden. Bei Sportlern kann es je nach Sportart bis zu einem Jahr dauern, bis das Knie wieder voll einsatzfähig ist.

Bilder einer Kreuzbandriss-Rekonstruktion

Bildgebung nach Kreuzbandoperation

Nach einer Kreuzbandoperation werden zur Kontrolle Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen durchgeführt. Hierbei geht es darum zu sehen ob die Bohrkanäle, durch die die Kreuzbandplastik eingezogen wurde, an der richtigen Stelle liegen und korrekt ausgerichtet sind. Zudem wird in diesen Bildern überprüft ob die Verankerungen korrekt einliegen.

Zur Verankerung der Kreuzbandplastik gibt es unzählige Möglichkeiten, von Schrauben, über kleine Plättchen, welche über den Kanal gelegt werden, bis hin zu kleinen Zuckerstäbchen, welche ähnlich einem Nagel durch den Teil der Plastik im Oberschenkelknochen geschlagen werden. Im Folgenden Beispiele für Röntgenbilder nach Kreuzbandplastik:

MRI-Bilder nach einer Kreuzbandoperation

MRI bei Beschwerden oder Verletzung nach Kreuzbandoperation

Kommt es zu einem erneuten Unfall oder haben Sie hartnäckige Schmerzen nach einer Kreuzbandoperation, welche auch unter entsprechender Behandlung nicht weggehen, ist häufig erneut ein MRI das optimale Verfahren, um nach der Ursache zu suchen.

Wie Sie ja bereits wissen, lassen sich alle wichtigen Strukturen im Kniegelenk durch ein MRI gut darstellen. Die Beurteilung eines operierten Kniegelenkes ist jedoch häufig um ein Vielfaches schwieriger. Bei der Beurteilung der Kreuzbandplastik ist es zum Beispiel sehr wichtig zu wissen wie lange die Operation her ist. Im Zuge der Einheilung der Kreuzbandplastik kann sich das Signal verändern. So kann eine Kreuzbandplastik 4-5 Monaten nach Operation relativ signalreich sein und dies ist völlig normal. Ist die Operation aber bereits 4-5 Jahre her, könnte das gleiche Bild ein Hinweis auf eine erneute Verletzung sein.

Ähnlich verhält es sich bei dem Meniskus. Hier macht vor allem die Meniskusnaht Probleme bei der Beurteilung. Durch die Naht kommt es zu einer Narbenbildung im Meniskus, welche ähnlich wie ein Riss im Bild heller ist als das normale Meniskusgewebe. Die Erfahrung des Radiologen spielt in diesen Fällen eine sehr wichtige Rolle in der richtigen Beurteilung der Bilder.

Die Folgen können schwerwiegend sein. Eine Fehleinschätzung kann zu einer unnötigen Operation führen, wenn die Veränderung zum Beispiel falsch als Riss eingestuft wurde. Selten kommt es auch zu grösseren Artefakten in Form von Bildstörungen durch das eingebrachte Material. Die Beurteilung wird dadurch zusätzlich erschwert. Hier gilt es die Sequenzen und die Nachverarbeitung am Computer entsprechend korrekt durchzuführen, um trotzdem einen korrekten Befund zu erstellen.

Bei ARISTRA werden Ihre Bilder von erfahrenen Radiologen beurteilt, welche sich intensiv mit der Bildgebung von Muskeln und Gelenken beschäftigen (sogenannte Muskuloskelettale Bildgebung, oder auch MSK-Bildgebung). Auch für die Einstellung der korrekten Sequenzen im MRI und die Nachbearbeitung sind sehr erfahrene Spezialisten Teil des ARISTRA-Netzwerkes.

Beispielbilder bei Beschwerden nach einer Operation

Zusammenfassung

Nach einem Kreuzbandriss gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Therapieoptionen. Welche für Sie die richtige ist lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Faktoren entscheiden.

Durch die Verletzung ist es bereits zu einer solchen Schädigung des Kniegelenkes gekommen, dass im Laufe der Jahre eine fortschreitender Verschleiss des Gelenkes (Arthrose oder Gonarthrose) wahrscheinlicher ist als bei Menschen ohne Verletzung. Dies ist unabhängig davon ob eine Operation durchgeführt wird oder nicht.

Eine Operation kann unter bestimmten Voraussetzungen zu einer besseren Stabilität im Kniegelenk führen und so helfen spätere erneute Verletzungen zu verhindern.

Termin anfragen für ein MRI

Die Beurteilung eines MRI nach einer Operation stellt höhere Anforderungen an den Radiologen und die korrekte Einstellung des Gerätes als eine gewöhnliche MRI des Kniegelenkes – Kernqualitäten von ARISTRA.
CH Blog