Tiefe Beinvenenthrombose – Symptome und Diagnose

05. Mai 2023
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Autor:in
PD Dr. med.
Andreas Lubienski
Facharzt für Radiologie
Experte für Abdomen und Bewegungsapparat
Inhaltsverzeichnis
Illustration der Beinvenen
Die tiefe Beinvenenthrombose (kurz: TVT) beschreibt das Vorhandensein eines Blutgerinnsels in den tiefen Venen eines oder beider Beine (Phlebothrombose). Die Blutgerinnung dient im Normalfall dazu, offene Wunden zu verschliessen und ein Verbluten zu verhindern.
Wird diese jedoch fälschlicherweise im intakten venösen Gefäss aktiviert und führt zur Ausbildung eines Blutgerinnsels, kann das Gefäss teilweise oder ganz verschlossen werden. Daraus resultieren ein verzögerter oder gänzlich verhinderter Rückstrom des Blutes zum Herzen sowie das Risiko der Verschleppung des Gerinnsels in Richtung Herz und Lunge (Embolie).

Davon abzugrenzen ist eine Venenthrombose der oberflächlichen Venen, welche oft eine Blickdiagnose darstellt und häufig mit lokalen Therapiemassnahmen ausreichend behandelt werden kann.

Was löst eine Thrombose der tiefen Beinvenen aus?

Die Ursachen einer tiefen Venenthrombose sind mannigfaltig. Vereinfacht kann man sagen, dass Blutgerinnsel im tiefen Venensystem entstehen, wenn die innenliegende Gefässwand verletzt oder entzündet ist, das Blut nicht gleichmässig fliessen kann oder die Zusammensetzung der verschiedenen Blutbestandteile verändert ist.

 

Die häufigsten Ursachen und Risikofaktoren einer Thrombose sind:

  1. langes Sitzen (behinderter Blutstrom durch Abknicken der Knievene), z. B. im Rahmen von
    1. Krankenhausaufenthalten
    2. längeren Auto-, Bus- oder Flugreisen
  2. operative Eingriffe
  3. längere Bettruhe
  4. Krebserkrankungen
  5. erbliche Störungen der Blutgerinnung (Faktor-V-Leiden-Mutation, APC-Resistenz)
  6. Medikamentennebenwirkungen (z. B. Anti-Baby-Pille, Hormontherapien)
  7. Rauchen
  8. Schwangerschaft
  9. starkes Übergewicht
  10. Krampfadern

 

Symptome einer Beinvenenthrombose

Klassische Symptome der Beinvenenthrombose sind die Schwellung und Überwärmung des betroffenen Beins. Weitere Anzeichen können ein Spannungsgefühl und ziehende Schmerzen wie bei einem Muskelkater sein. Druck auf die Wade wird von den Patient:innen oft als schmerzhaft wahrgenommen. Die Symptome der tiefen Venenthrombose können gemeinsam oder vereinzelt auftreten. Nicht selten bilden betroffene Patient:innen auch keine der hier genannten Symptome aus.

Eine gefürchtete Komplikation der tiefen Venenthrombose ist die lebensbedrohliche Lungenembolie. In der Mehrzahl der Fälle ist deren Ursache ein Abgang eines Blutgerinnsels aus dem tiefen Beinvenensystem in die Lungenstrombahn. Anzeichen für eine Lungenembolie können u. a. Luftnot, Schmerzen im Brustkorb und Herzrasen sein.

Im Anschluss an die Akutsymptomatik kann sich das sogenannte postthrombotische Syndrom entwickeln, welches durch Spannungsgefühl und Schwellung des betroffenen Beins gekennzeichnet ist. Die Haut kann sich dunkel verfärben, es bilden sich Krampfadern und bei Verletzungen ist die Wundheilung häufig gestört. Die Behandlung dieses Folgezustands ist hoch problematisch, weshalb bei Verdacht auf Thrombose eine rasche und präzise Diagnostik entscheidend ist.

In sehr seltenen Fällen kommt es zur Maximalausprägung der tiefen Beinvenenthrombose, der sogenannten Phlegmasia coerulea dolens. Diese wird durch den akuten vollständigen Verschluss aller grossen Venen eines Beins ausgelöst und stellt einen gefässchirurgischen Notfall dar. Hierbei werden die Pulsadern des Beines (Arterien) durch die ausgeprägte Schwellung abgedrückt. Das Bein ist stark geschwollen, kühl, bläulich verfärbt und sehr schmerzhaft.

Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose

Grundlage einer jeden Diagnose und so auch der tiefen Venenthrombose ist eine ausführliche Anamnese und die sorgfältige körperliche Untersuchung des bzw. der Patient:in. Bei dieser werden die Beine inspiziert und eine Reihe klinischer Tests durchgeführt. Die Kompression der Wade (Meyer-Zeichen) oder der Druck auf die Fusssohle (Payr-Zeichen) kann bei der tiefen Beinvenenthrombose schmerzhaft sein. Ebenso wird gelegentlich durch das Anziehen der Zehen im Liegen ein Wadenschmerz ausgelöst (Homans-Zeichen). Da die oben genannten klinischen Zeichen der tiefen Venenthrombose jedoch sehr unzuverlässig auftreten und auch bei anderen Krankheitsbildern wie der chronisch venösen Insuffizienz, der Weichteilinfektion (Erysipel/Wundrose) oder der Herzschwäche (Herzinsuffizienz) vorkommen können, sind bildgebende Verfahren in der Diagnostik der tiefen Venenthrombose unabdingbar.

Laborwerte, wie die häufig bestimmten D-Dimere (Spaltprodukte, welche im Rahmen des Abbaus von Blutgerinnseln entstehen), sind sehr unspezifisch, können jedoch den klinischen Verdacht einer Thrombose erhärten. Sollten die D-Dimere im Blut nicht erhöht sein, kann eine relevante tiefe Venenthrombose mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Das Mittel der Wahl zur Diagnose einer tiefen Venenthrombose stellt die farbkodierte Duplexsonographie (oder Kompressionssonographie) dar. Mit dieser Ultraschalluntersuchung kann schnell, ohne grossen Aufwand und frei von Risiken eine venöse Thrombose diagnostiziert werden.

Die Diagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRI) oder Computertomographie (CT) ist ebenfalls bestens geeignet, Blutgerinnsel in den tiefen Venen aufzufinden.

Ist die Diagnose der tiefen Venenthrombose gesichert, sollte sich stets die Suche nach der Ursache anschliessen, da dies für die anschliessende Behandlung von entscheidender Bedeutung ist. Gegebenenfalls können bei fehlenden eindeutigen Ursachen spezielle Blutuntersuchungen oder weitere Bildgebung notwendig werden.

Farbkodierte Duplexsonographie der tiefen Becken- und Beinvenen

Allgemeine Informationen zur Sonographie und Doppler-/Duplexsonographie
Mittels Ultraschall (Sonographie) können alle relevanten Abschnitte des Gefässsystems der Extremitäten untersucht werden. Die Untersuchung wird im Liegen durchgeführt und beginnt in der Regel in der Leiste. Hier wird die Beckenvene (Vena iliaca) und die Oberschenkelvene (Vena femoralis) dargestellt. Durch leichten Druck mit dem Schallkopf wird untersucht, ob sich die Vene komplett zudrücken lässt. Ist dies der Fall, ist eine Thrombose an dieser Stelle ausgeschlossen. Zudem wird mit der Dopplertechnik der Blutfluss im Gefäss visualisiert. Dieser Untersuchungsablauf wird nun über die gesamte Länge des Beins wiederholt. Von besonderem Interesse sind hierbei die Vene der Kniekehle (Vena poplitea) sowie die distalen Venen am Sprunggelenk und Fuss (Vena tibialis anterior und posterior).

Was sieht man auf dem Ultraschall?

Die gesunde Vene ist im Ultraschallbild in ihrem Inneren schwarz und lässt sich vollständig zusammendrücken. Bei Vorliegen einer Thrombose zeigt sich helles (sogenanntes echoreiches) Material innerhalb der betroffenen Vene, welche sich dann nicht mehr vollständig komprimieren lässt. Der Blutstrom ist hier nicht mehr gleichförmig, sondern es kommt zu sogenannten Blutstromverwirbelungen.

Die Dopplersonographie des tiefen Beinvenensystems ist nicht schmerzhaft. Möglicherweise wird der Druck durch den Schallkopf kurzfristig als etwas unangenehm empfunden.

Therapie einer tiefen Venenthrombose (TVT)

Die zwei Säulen der Therapie der Venenthrombose sind Druck (Kompression) und Blutverdünnung (Antikoagulation). Ziel der Therapie ist es, das Fortschreiten der Erkrankung, also das Wachstum des Blutgerinnsels (Thrombus) aufzuhalten, eine Verschleppung in die Lungenstrombahn (Lungenmbolie) zu verhindern, die Behinderung des Blutstroms zumindest teilweise zu beseitigen und somit Spätfolgen, das sogenannte postthrombotische Syndrom, zu verhindern.

Kompression wird häufig zunächst durch elastische Wickel und im Verlauf durch speziell angepasste Anti-Thrombose-Strümpfe erreicht. Zur Blutverdünnung stehen heutzutage eine Vielzahl an Präparaten zur Verfügung. Zur Akuttherapie kommen unterschiedliche sogenannte Heparine zum Einsatz, welche in die Vene (unfraktioniertes Heparin) oder in das Unterhautfettgewebe ( niedermolekulares Heparin) gespritzt werden. Für die weiterführende Therapie mittels Tabletten werden neben den früher häufig verwendeten Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Marcumar®) mittlerweile häufig bevorzugt die direkten oralen Antikoagulanzien (z. B. Eliquis®, Xarelto®, Lixiana®) eingesetzt. Sollte eine blutverdünnende Therapie aufgrund der Gefahr von lebensbedrohlichen Blutungen nicht möglich sein, kann zudem zum Schutz vor einer Lungenembolie ein Vena-cava-Filter implantiert werden. Hierbei handelt es sich um ein kleines Schirmchen, welches kathetergestützt in die untere Hohlvene eingebracht wird. Ein solcher Filter kann Gerinnsel auffangen, bevor sie das Herz erreichen, lässt Blut aber ungehindert passieren.

In besonders schweren Fällen und bei Komplikationen (wie z. B. bei der schweren Lungenarterienembolie) wird eine sogenannte Lyse-Therapie mit besonders stark wirksamen blutverdünnenden Medikamenten durchgeführt. In Einzelfällen kann darüber hinaus ein gefässchirurgischer Eingriff (Thrombektomie) oder eine interventionelle kathetergestützte Thrombolyse oder Thrombektomie notwendig sein.

Die genaue Ausgestaltung der Therapie sollte von der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt gemeinsam mit dem bzw. der Patient:in festgelegt werden und ist unter anderem abhängig von der Ursache.

Die Behandlung der unkomplizierten TVT kann durch eine:n Internist:in oder Allgemeinmediziner:in erfolgen. Bei komplizierten Fällen kann die Miteinbeziehung von Gefässchirurg:innen und spezialisierten Venenärzt:innen (Phlebolog:innen) erforderlich sein.

Wie kann ich einer Beinvenenthrombose vorbeugen?

Die beste Prophylaxe einer venösen Thrombose der Beine geschieht durch die Reduktion der oben genannten Risikofaktoren (ausreichend Bewegung, kein Rauchen, Gewichtsreduktion bei Übergewicht). Bei langen Reisen sollten Sie versuchen, sich regelmässig zu bewegen. Bei erhöhtem Risiko kann das Tragen sogenannter Anti-Thrombose-Strümpfe sinnvoll sein. Im Rahmen von Krankenhausaufenthalten mit längerer Bettruhe sollte zudem eine prophylaktische blutverdünnende Therapie mit Heparinen durchgeführt werden.

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Nutzen Sie gerne unser Online-Formular um Ihren Termin zu vereinbaren, falls bei Ihnen der Verdacht auf eine tiefe Beinvenenthrombose vorliegt.
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Externe Quellen

  • S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie
  • Herold, Gerd (2021): Innere Medizin 2021
  • Kasper et. al (2020): Harrisons Innere Medizin, 20. Auflage